Palästinenser in Gaza schädigen sich selbst mehr als Israel

Israel Nachrichten, Tell Aviv, Do 06. März 2008

Welche Zukunft gibt es dort, wenn Kindern gelehrt wird, dass es kein größeres Ziel gibt, als sich in die Luft zu sprengen?Übersetzt von Karl Pfeiffer nach einem Bericht von Yael Kaynan

Die Situation in Gaza ist tatsächlich „grimmig und erbärmlich“, wie es John Holmes, Stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen für Menschenrechte bemerkte. Es gibt keinen Zweifel, dass die Sanktionen gegen Gaza den Einwohnern Not und Entbehrung bringen. Diese Sanktionen beinhalten geschlossene Grenzen zu Israel und Ägypten, Einschränkung der Energielieferungen und der Zustellung von Lebensmitteln, die zwar keineswegs eine humanitäre Krise auslösen, jedoch auch keine bequeme Existenz erlauben.

Jedoch sind es nicht die gegenwärtigen bedauerlichen Lebensbedingungen und nicht die anderen Sanktionen, welche die Lage in Gaza so grimmig und erbärmlich machen. Diese sind schließlich erst jüngste und provisorische Maßnahmen, die zeitweilige Entbehrung verursachen.

Nein, was die Situation in Gaza so grimmig macht, ist viel heimtückischer. Es wird die Einwohner von Gaza noch lange plagen, wenn schon die Erinnerung an die fade Diät, an die Unmöglichkeit flache Fernseher zu kaufen oder den Urlaub nicht im Sinai zu verbringen können, verblasst ist. Es ist die Kultur selbst, welche die Palästinenser in Gaza über so viele Jahre listig geschaffen haben, die ihre Gegenwart – und ihre Zukunft auf lange Zeit – so grimmig und erbärmlich macht. Das Volk in Gaza müsste anhalten und einen kritischen Blick auf seine Kultur und Gesellschaft werfen, die es schafft und anfangen daran zu denken, wie sie beginnen könnten den Schaden, den sie ihrer gesellschaftlichen Struktur zugefügt haben und der täglich wächst zu reparieren.

Sie sollten ihren gesellschaftlichen Wiederaufbau nicht für ihre israelischen Feinde auf der anderen Seite der Grenze bewerkstelligen oder um ihr Image in der Weit zu verbessern, sondern eher für ihr eigenes Interesse, denn blinden Hass einzupflanzen, mit einem mörderischen Drall gegen eine andere Gruppe, hat eine nicht beabsichtigte Nebenwirkung für die Kultur, in der das eingepflanzt wird.

Wenn Kinder mit einer ständigen‘ Indoktrination des Hasses aufwachsen, mit Missachtung für das Leben und das Wohlergehen anderer Menschen, dann betrifft dies nicht nur „diese“ anderen, sondern alle anderen, also auch diejenigen in ihrer eigenen Gesellschaft. Eltern in Gaza müssen sich fragen, als was für ein Mensch wächst mein Kind auf, wenn ich es gelehrt habe, den Tod einer 73-jährigen Frau zu feiern, indem es Süßigkei ten und Blumen verteilt?“, was so viele Kinder in Gaza unlängst taten, als es zwei Selbstmordattentätern gelang eine alte Frau zu ermorden und ihren noch älteren Ehemann so zu verletzen, dass er auf der Intensivstation gepflegt werden muss.

In den meisten Ländern sind die Eltern besorgt über den Einfluss der Gewalttätigkeit im Fernsehen auf ihre Kinder. Sie sind besorgt, ob sie wirkungsvoll solche Werte wie Liebenswürdigkeit, Anstand und Respekt ihren Kindern beibringen können, damit diese produktive und anständige Mitglieder ihrer Gesellschaft werden. Die meisten Menschen erkennen die Werte, die während der Kindheit beigebracht wurden als lebenslange Folge nicht nur für das Kind selbst, sondern für die ganze Gesellschaft, in der sie leben. Sind die Eltern in Gaza nicht besorgt über die Zukunft, die ihre Gesellschaft haben wird, wenn den heutigen Kindern gelehrt wird, dass das Leben von anderen Kindern keinen Wert hat und tatsächlich, dass man diese anderen Kinder töten soll, wie sie das oft während der Kinder-Fernsehprogramme zu hören bekommen?

Sind sie nicht besorgt, welche Art von Erwachsenen sie produzieren, wenn die Kinder von ihren Eltern und ihrer Gesellschaft hören, dass ihr eigenes Leben wertlos ist? Welche zukünftigen Errungenschaften wird ihre Gesellschaft erreichen, wenn ihren Kindem gelehrt wurde, dass das größte, was sie mit ihrem Leben machen können ist, sich selbst und andere zu töten – dass es keine größere Errungenschaft gibt, als sich selbst in einer Gruppe von alten Frauen und Kindern zu sprengen? Wie wird eine Gesellschaft ausschauen, in der Kinder erzogen wurden, die Gewalt zu bewundern und die Benützung einer tödlichen Waffe als das erste Mittel zu betrachten, das man in einem Konflikt anwendet?

Wie wird die palästinensische Gesellschaft ausschauen, wenn den Kinder nicht gelehrt wird, dass der Frieden mit den Feinden eine Option sein kann.

Überlegen Sie sich ein Szenario, in dem der Konflikt mit den erklärten Zielen von Hamas endet: Es ist ihnen gelungen jeden jüdischen Mann, jede jüdische Frau und jedes jüdische Kind, das im zionistischen Land gelebt hat, zu töten und sie haben das Land unter muslimische und arabische Herrschaft gebracht. Tatsächlich ist das nicht nur das Ziel von Hamas, sondern der Wunsch vieler durchschnittlicher Bürger in Gaza, wie das ein einfacher Taxifahrer während des jüngsten Selbstmordattentats in Dimona ausgedrückt hat: „Im Namen Allahs sollten alle Angriffe so sein wie dieser, dass wir die Israelis ausrotten. Es wird leichter werden für uns. Wir werden den Süden, Tel Aviv und das Herz Israels erreichen.“

Stellen Sie sich vor es würde keine Juden und keinen jüdischen Staat geben: Die Einwohner von Gaza haben die Mutter aller Feiern gegeben, sie haben in den Straßen getanzt, ihre Waffen in Jubel abgefeuert, eine große Quantität von Süßigkeiten konsumiert, die Kinder haben Blumen an jeder Straßenecke verteilt – und was dann7

Denken die Bürger von Gaza, dass die Gewalt, der Hass und die Nichtachtung für menschliches Leben, für ihr eigenes Leben einfach mit den Israelis verschwinden wird, mit den Israelis, die sie ausgerottet haben? Denken sie, dass diese Kinder, nun erwachsen, plötzlich die Gewalt verlernen werden?

Die Forschung auf dem Gebiet der Soziologie und der Sozialpsychologie hat seit langer Zeit gezeigt, dass wenn es keinen auswärtigen Feind gibt, auf den man sich fokussieren kann, dann die gleichen gewalttätigen Aggressionen innerhalb der Gesellschaft blühen werden. Gewalt wird ausbrechen und es wird sich der Nachbar gegen den Nachbar wenden, das Familienmitglied gegen ein anderes Familienmitglied, ein Klan gegen den anderen. Das Volk von Gaza wird schockiert sein: „Wie konnte dieser junge Mann so etwas tun gegen einen Menschen seines eigenen Volkes?“

Er kann und er wird, denn man hat ihn gelehrt, dass das menschliche Leben keinen Wert hat, dass sein eigenes Leben keinen Wert hat und dass das erste Mittel das Töten eines Anderen ist. Der neue Feind wird der andere Palästinenser sein.

Wenn Sie denken, ich würde mich irren, dann erinnern Sie sich, wie Einwohner von Gaza andere Einwohner während des Hamas-Putsches behandelt haben. Erinnern Sie sich, wie die Angriffe gegen Fatah-Mitglieder solche Titel wie „unter den Toten gestern war ein 14 Jahre alter Knabe und drei Frauen, alle bei einem Angriff auf das Haus eines Fatah Sicherheitsoffizier getötet“ hervor gebracht haben.

Erinnern Sie sich an die Worte eines Bürgers aus Gaza. Minuten bevor er auf die Straße gezerrt wurde und getötet. „Sie feuern auf uns, sie feuern Raketen, sie feuern mit Granatenwerfern. Wir sind keine Juden“, so bat der Bruder von Jamal Abu Jedyan, eines Fatah-Kommandeurs inständig während eines live Telefongesprächs mit einer palästinensischen Radiostation.

Ganz anders als „kollateraler Schaden“ – d.h. versehentlich getötete Frauen und Kinder bei einem Versuch einen bewaffneten Kämpfer zu töten – können und werden Frauen und Kinder innerhalb der palästinensischen Gesellschaft die Zielscheiben werden ‚ um von anderen Mitgliedern ihrer Gesellschaft ermordet zu werden. Erinnern Sie sich an die drei Kinder – palästinensische Kinder, nicht jüdische Kinder, die „den Tod verdienen“ – die man auf ihrem Weg niedergeschossen hat als Botschaft an ihren Vater.

Die drei Kinder von Baluscheh – der 3-jährige Salam, der 6-jährige Ahmed und der 9-jährige Osama – waren im Familienauto auf dem Weg in ihre Schule als bewaffnete Männer von zwei Fahrzeugen das Feuer auf sie eröffneten. Die drei wurden mit dem Autofahrer getötet. Die Ärzte sagten, einer der Buben wurde von zehn Kugeln im Kopf getötet.

Das ist schon passiert, als der „wahre“ Feind noch außerhalb der Grenze war. Es geschah trotz der Tatsache, dass wann immer die Gruppe einen auswärtigen Feind hatte, dies einen stärkeren ,gesellschaftlichen Zusammenhalt innerhalb der eigenen Gruppe förderte, dass es dann weniger Gewalt und Verbrechen innerhalb der eigenen Gesellschaft gab. Wenn der auswärtige Feind beseitigt ist, blüht die Gewalt und das Verbrechen innerhalb – das geschieht in normalen Gesellschaften, in denen Kinder nicht mit einer täglichen Indoktrination der Gewalt gegen andere erzogen werden. Es geschieht auch dort, wo eine Gesellschaft nicht den Tod und die Vernichtung propagiert und in Gesellschaften, die keine Süßigkeiten und Blumen verteilen, um den Mord an einer hilflosen alten Frau zu feiern – dann stellen Sie sich für einen Moment vor, wie die palästinensische Gesellschaft ausschauen wurde, wenn sie ihren Wunsch verwirklichen könnte.

In der Tat, ob die israelische Gesellschaft vernichtet wird oder ein Friedensabkommen erreicht wird, der vielleicht ferne Tag wird kommen, wenn der Konflikt beendet ist und die Gewalt, die nach auswärts gerichtet ist, nach hause kommt zum Volk von Gaza. Ja, die Situation in Gaza ist tatsächlich grimmig und erbärmlich, aber die Zukunft, die sie für sich schaffen, ist noch grimmiger.

Dr. Yael Kanynan ist Dozent am Department für Kommunikation und Psychologie am Interdisciplinary Center Herzliya und am Department für Kommunikation der Ben-Gurion-Universität des Negev.

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